Ich habe mich ja lange genug dagegen gewehrt mit der Zukunft zu gehen und ein Mobiltelefon mit mir zu führen, auf dem ich mehr kann als Textmessages schreiben, oder telefonieren (eigentlich konnte mein altes auch ganz viel, aber ich habe es nicht genutzt), aber seit ein paar Wochen habe ich ein Smartphone, das mir jetzt das Leben erleichtert.
Die Irrelevanz dieses Blogposts ist mir bewußt.
Der thematische Bezug entsteht aber, dass ich es schon toll finde, jetzt immer eine mehr oder weniger taugliche Schnappschusskamera dabei zu haben.
Ok, das ist jetzt auch keine Erkenntnis, die Leute, die in den letzten paar Jahren im Internet waren groß überrascht hätte, aber der Moment war toll, als ich mit meinem Sohnemann vergangenen Samstag im Wald eine Eisfläche entdeckte, in der Blätter eingeeist waren und ich mich zuerst ärgerte bis zum Tauwetter keine Zeit zu haben, mit einer Kamera wieder zu kommen, dann aber an die Möglichkeit dachte, einfach das Samsung zu nehmen.
Immerhin.

Aber man sollte es natürlich nicht übertreiben, auch wenn man es immer dabei hat.
Gibt ja auch so schon zu viele fotografierte Strassenszenen, die einen mit Geschichten vollquatschen, die man schon gar nicht mehr hören will…
Und beständig, ziellos und unreflektiert das Internet vollladen wollte ich mit meinen Fotos auch nie.

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Ich warne hier schonmal, dass auf den verlinkten Seiten geschriebenes, fotografiertes und gefilmtes gezeigt wird, dass seine Spuren hinterlassen wird.

Über Chris Jordan hab ich schonmal geschrieben, etwa vor 13 Monaten. Es war einer meiner ersten Posts überhaupt, ursprünglich sogar noch bei meinem tumblr-Anfang.
Es ging um seinen TED-Talk, in dem er sein Projekt Running the Numbers vorstellte, mit dem er Statistiken fotografisch (Betonung liegt auf -graphisch) und mit digitaler verfielfältigung umsetzte, die als bloße Zahl zu abstrakt wurden, als dass man noch so etwas wie eine Bedeutung dahinter spührte.

The Midway Project geht einen emotionaleren, viel weniger abstrakten Weg, der aber ähnlich direkt und tiefgründig funktioniert. Er fotografiert die Kadaver von jungen Albatrossen, die an den Plastikgegenständen verendeten, die sie von ihrer Mutter gefüttert bekamen, die denken es wäre etwas Essbares. Die Albatrosse fanden das Plastik im Pacific Garbage Patch, eine, durch die Strömungen der Ozeane entstandene Plastikmüllkippe im Pazifik, von der ich keine Bilder kenne, die nur annähernd zeigen, wie absurd und surreal groß dieser Teppich auf dem Meer ist. Laut Wikipedia ist man sich recht uneins darüber, ob es die Fläche der USA einnimt, oder doch nur die doppelte Größe von Hawaii. Man kann sich nur sehr sicher sein, dass das Pacific Garbage Patch über all dort, wo es die Strömung hintreibt katastrophale Schäden in der Natur anrichtet.
Wie grundlegend dieser Schaden ist, zeigen Chris Jordans Fotos und das was er darüber erzählt recht deutlich.

Aus diesem Fotografieprojekt ist über die Jahre ein Filmprojekt geworden, das in den Trailern die Bilder von flauschigen, die Welt entdeckenden und dann so qualvoll sterbenden Vögeln so nah zusammen zeigt, dass ich noch nicht weiß, wie ich dazu stehen soll. Da ist mir das Fotoprojekt mit seinen statischen fast Stil-ähnlichen Aufnahmen der mit Plastik vollgestopften Kadavern schlüssiger und weniger manipulativ.

Die üblich verdächtigen Zyniker dürfen jetzt gerne wieder einwänden, dass es doch größere Probleme auf der Welt gibt, als sterbende Albatrosse auf den Midway Islands, aber gerade die Reduktion auf diese „kleine Katastrophe“ macht eines der großen Probleme unserer Zeit meiner Meinung nach so unmittelbar spürbar. Ein riesiger Teppich aus Plastikabfällen ist nur als Abstraktion greifbar. Niemand will drin schwimmen, das ist klar. Erreicht eine Plastikschrottflut einen Badestrand, dann ist das hässlich und unbequem. Zehntausende Gummienten, die seit Jahren durch die Ozeane treiben ist fast schon ein lustiges Bild. Aber ein offener Kadaver eines Albatrossjungen, vollgestopft mit Plastikteilen, gefüttert von der Mutter, das ist so voller Tragik, dass es die Schieflage verbildlichen kann, in die unsere Gesellschaft unsere Umwelt vielleicht für immer gebracht hat.

Es ist ja wieder schwer en vouge geworden über die Mülltrennung und Recycling zu lästern, ein System, das nicht perfekt ist, jedoch im Nachhinein erstaunlicherweise einen Platz in unserer Gesellschaft gefunden hat. Und ich muss bei fast jedem Einkauf wieder darüber nachdenken, wie absurd es ist, Essbares, das nach ein paar Tagen nicht mehr genießbar ist und sich nach ein paar Wochen wieder aufgelöst hat, nach hause zu tragen in Plastikbehältnissen, die mich, unrecycelt, sowieso überleben werden und wahrscheinlich auch alles was ich kenne. Natürlich habe ich weder eine Lösung, noch verhalte ich mich selbst so vernünftig, wie ich mich verhalten könnte mit all dem Wissen, was mir zur Verfügung steht. Projekte wie diese bringen mich allerdings wirklich zum Grübeln, manchmal wohl mehr als mir gut tut und führen dazu, dass ich zumindest ein kleines bißchen bewußter handele, weil wahrscheinlich auch von mir ein bißchen Plastikschrott im Great Pacific Garbage Patch schwimmt.

Die Internetseite des Projekts, aus dem gerade ein Film wird.

Die Seite des Films, auf der man den Trailer sehen kann.

Weise auch nochmal auf den großartigen Kurzfilm von Raman Bahrani hin, der das Leben aus der Sicht einer Plastiktüte zeigt, die gesprochen wird von Werner Herzog.

Dank Boris Illuminate ist mir meine eigene Unzulänglichkeit wieder klar geworden und eine Geschichte eingefallen, die eigentlich schon ne ganze Ecke her ist, aber trotzdem nett genug um hier erzählt zu werden. (Ausserdem muss ich ja mal wieder was schreiben.)

Es tut mir ja ein bißchen weh, so lange keine Konzertfotos gemacht zu haben, aber im Moment bietet sich keine Gelegenheit dazu. Dazu kommt, dass ich irgendwann den Entschluss gefasst habe, nicht mehr bei Konzerten zu fotografieren, für das ich Geld gezahlt habe und ich die Band sehen will, denn vom Konzert bekommt man als Fotograf nur wenig mit.
Es ist noch länger her, dass ich Konzerte analog fotografiert habe und vielleicht liegt es daran, dass sich mit einem gewissen zeitlichen Abstand alles verklärt, aber ich glaube, dass ich analog besser Konzerte fotografiert habe als später digital. Man fotografiert eben wesentlich fokussierter und konzentrierter, wenn man keine Serienbildaufnahmen machen kann und auch nicht mehr als 72 Bilder zur Verfügung hat. Ausserdem war meine kleine Minolta wesentlich geeigneter bei schlechten Lichtverhältnissen manuell scharf zu stellen.
Fotografiert habe ich auch nur kleine Konzerte (das größte war Underworld im Kölner Palladium und gleichzeitig die schlechteste Konzertfotografieerfahrung ALLER ZEITEN), bei denen sich die Beteiligten fast darüber gefreut haben, dass jemand mit Kamera aufkreuzt. (Das ist heute natürlich auch anders.)

Vor fast 7 Jahren (musste ich googeln) habe ich José Gonzalez im Stereo Wonderland in Köln fotografiert. Und das Stereo Wonderland ist wirklich klein und die Bühne auch. Und wenn jemand im Stereo Wonderland auf der Bühne auf einem Stuhl sitzt, dann muss man sich entweder in die erste Reihe stellen, auf die Theke setzen, oder sehr groß sein, um zumindest die Stirn des Auftretenden zu sehen.
Weder körperlich noch vom Bekanntheitsgrad war José Gonzalez zu der Zeit besonders groß und trotzdem war das Stereo Wonderland, vor allem durch seine ebenso geringe Größe, ziemlich voll.

Ich stand zuerst in der zweiten Reihe und war so unzufrieden, dass ich den Toilettengang eines Konzertbesuchers in der ersten Reihe dazu nutzte, mich frech auf die kniehohe Bühne zu setzen. Ich war jetzt sehr zufrieden, weil ich sehr nah dran war. Ich fotografierte nach Herzenslust und war an diesem Tag sogar bereit, meine eigene Philosophie ein wenig ruhen zu lassen, Leuten, die ich nicht gefragt habe, so auf den Pelz zu rücken, wie José Gonzalez an dem Abend. Jemandem das Objektiv so ins Gesicht drücken, der so schüchtern war wie er das würde ich im Nachhinein so auch nicht mehr machen.

Das Video um ein bißchen zu verdeutlichen, wie José Gonzalez seine Konzerte gibt.

Fotografisch gesehen war ich allerdings voll im Moment, klatschte aber artig nach den Songs und rückte in der Enge des Raumes zur Seite, weil es nicht anders ging, als José Gonzalez die Bühne verlassen wollte nach Beendigung des normalen Sets. Bis er wieder die Bühne betrat und den ersten Song der Zugabe anfing, blieb ich in einer unbequemen Sitzposition und wollte etwa 30 Sekunden danach wieder zurück rücken.
Ich hatte nicht bemerkt, dass ich mit dem Umnähsaum der Gesäßtasche meiner Jeans am von der Bühne führenden Mikrophonkabel hängen blieb und da ich in dem Moment mit dem Rücken zum Geschehen saß, sah ich nicht, dass ich dem auf der Gitarre spielenden, sitzenden José Gonzalez langsam das Mikrophon weg zog, der daraufhin, zum Glück ein wenig lachend, aufhörte zu spielen. Die Scham und die Blamage lagen ganz auf meiner Seite, aber immerhin erheiternd.

Nach dem Konzert konnte ich mich bei José Gonzalez entschuldigen. Er fragte mich, ob ich denke, dass die Fotos was geworden sind und dass es dann nicht so schlimm sei. Ein sehr netter Mensch.

Am nächsten Tag stand ich dann vollkommen übermüdet im Labor der Fachhochschule Köln, spulte die zwei Filme auf (einen 400er und einen 1600er), mischte Chemie an, entwickelte beide Filme und stellte irgendwann fest, dass ich den 1600er mit der Zeit des 400ers und den 400er mit der Zeit des 1600ers entwickelt hatte.

Und plötzlich war ich wach.

Es gibt zwei Bilder, die irgendwie noch zu retten waren. Um den Rest trauere ich bis heute.

Bei Youtube findet man ja gleich mehrere Fotografen, die seit ein paar Jahren jeden Tag einen Mugshot von sich selbst aufnehmen und diese Bilder dann so gesehen als Zeitraffer in einem Video abspielen, unterlegt mit Enya-mäßigem Kitschscore. Es hat durchaus seine Wirkung und ist auch aus einer gewissen Perspektive heraus betrachtet Kunst. Es ist eine direkte Form der Selbstdarstellung mit dem zusätzlichen Faktor Zeit, nur bleibt es unmittelbar an der Oberfläche hängen. Alles, was sich über die Person erfahren lässt, ist nur abzulesen am Ausdruck, dem Zustand der Person und der Wohnung im Hintergrund, wenn sie zu sehen ist.

Jeff Harris fotografiert seit 13 Jahren Selbstportraits (oder lässt sie fotografieren). Der Titel des Artikels in der Time-Lightbox ist dementsprechend Jeff Harris: 4,748 Self-Portraits and Counting.
Das wirklich beeindruckende ist aber, dass sich Jeff Harris in seinen Portraits inszeniert. Jeder Tag ist dokumentiert mit einem eigenständigen Bild, das etwas erzählt. Viele davon sind wirklich ansprechend und witzig und neben der fotografischen Qualität, geben sie so viel preis über die Person.
Im Video spricht er über sein Projekt, wohin es ihn geführt hat und was er dadurch für ein Leben führte. Seine Fotos sind eine Huldigung an das Leben und die Zeit und eine Aufforderung diese zu nutzen.
Es geht über vieles weit hinaus, was ich in der Hinsicht bisher gesehen habe. Großartig.

Drei alte Fotos, die mich dieses Jahr dann doch überraschten.

Letzteres gleichzeitig noch in den Kategorien „ich weiß nicht wieso ich das mag“ und „niemand ausser mir mag es“.

 

Drei Reportagefotos 2011: unzusammenhängend, aus dem Kontext gerissen, subjektiv, mussmandabeigewesensein.


C´n´B-Conference


Hochzeit Juan & Sara


Filmset „Der Zuschauer“ von Christian Fischer