Die Zeit vergeht ziemlich schnell in letzter Zeit. Eine Ewigkeit her schrieb ich den letzten Blogpost und seit dem ist auch viel passiert, aber vieles von dem gehörte auch nicht hier her.
Habe mich geistig ein wenig wundgelegen, darüber, was ich machen, was für Projekte ich endlich verwirklichen könnte, die sich schon viel zu lange in der Überlegungsphase befinden. Irgendwas wollte ich einfach mal machen, aber am Anfang hapert es bei mir immer. Wenn es erstmal läuft habe ich zwar immer Probleme etwas zu ende zu bringen, aber es läuft und die Ideen kommen und die Richtung ergibt sich wie von selbst.
Immerhin habe ich es geschafft mich neu zu strukturieren und aus zu rüsten.

Es zieht mich schon seit Jahren zu Film und Video, aber neben dem/der Albumteaser/Kurzdokumentation für I See Lights, ein paar Experimenten, die als Musikvideos für Zemljovid endeten und meine Tätigkeiten als Setfotograf für Kurzfilme des Kölner Filmhauses, blieb es mir auch deswegen verwehrt zu filmen, weil mir die Ausrüstung fehlte und ich es mir bisher nicht leisten konnte in Dinge zu investieren, die sich nicht recht schnell bezahlt machen.
Grundsätzlich bin ich nun an einem Punkt, wo ich die Möglichkeiten habe und das, was ich jetzt realisieren möchte, ist zugleich das größte und aufwendigste:

In Köln gibt es jedes Jahr im Januar das Ambientfestival „Zivilisation der Liebe“, das für mich mitlerweile der Konzerthöhepunkt des Jahres ist. Es findet über vier Abende in der Kirche St. Aposteln statt, die den für Ambient und Contemporary Classic wunderbarsten Klang hat, den man sich vorstellen kann. An die Kirchenwände werden Visuals projezier und in den ersten Reihen kann man sich auf Teppiche legen und den Auftretenden so nahe sein und auf die Finger schauen, wie sonst nirgendwo.
Obwohl die Eintrittspreise sehr niedrig angesetzt sind, blieb das Ambientfestival bisher noch ein Geheimtipp mit einem für diese Art von Musik aussergewöhnlich heterogenen Publikum.

Ich glaube, dass ein Projekt, dessen wichtigster Beweggrund die Leidenschaft ist, über etwas sein sollte, für das man eine gewisse Leidenschaft empfindet.
So einfach das klingt, so offensichtlich scheint es nicht zu sein.
Mir ist es jedenfalls sehr wichtig, denn bevor ich irgendwas starte, von dem ich nur halb überzeugt bin, lass ich es lieber sein.

Jedenfalls habe ich Dietmar Saxler, den Organisator des Festivals angeschrieben, mittlerweile auch getroffen und stieß auf offene Türen und Begeisterung. Bis zu einem gewissen Zeitpunkt habe ich gedacht, dass das Projekt mehr oder weniger von mir allein gestemmt werden könnte, ich mir vielleicht ein bisschen Hilfe für den Sound beschaffe, da ich damit bisher kaum Erfahrung habe und am Ende genug Material habe um einen kleinen Film zu machen, mehr Experiment als Dokumentation, aber in den vergangenen Wochen wuchs der Film an Ideen und zu einer greifbaren Größe, dass ich mich dagegen kaum wehren möchte. Ganz im Gegenteil.
Die Begeisterung von Dietmar und seinen Einsatzwillen zur Verwirklichung und sein Bemühen um finanzielle Unterstützung tragen dazu bei, dass es eigentlich kein Zurück mehr gibt, auch wenn mich ab und an ein Gefühl der Überforderung beschleicht.

Im Moment liegt das vor allem daran, dass ich ein Treatment schreiben muss, um mich für Fördergelder zu bewerben. Ein Konzept zu den ganzen Ideen, die mir jetzt seit Wochen im Kopf rum spuken. Das in Worte zu fassen fällt mir schon schwer, vor allem, da ich das in der Form noch nicht gemacht habe und ich noch nicht weiß, wie diese Form auszusehen hat. Ich quäle mich, nicht damit an zu fangen, auch weil andere Dinge zuletzt noch Vorrang hatten.
Ab heute versuche ich mich an einer Taktik, die mich sowohl davon abhält mir die Zeit zu prokrastinieren und mir eine eigentlich perfekte Arbeitsumgebung verschafft. (Siehe Titelbild.)
Die Vögel zwitschern, auf dem Gehege neben mir sausen ab und zu Rehe vorbei, oder halten um zu schauen, was ich hier mache und ich höre ganz leise ein wenig Ambient. Auf dem Weg hierhin sah ich einen Feldhasen.

Mit dem Konzept habe ich zwar heute noch nicht angefangen, aber immerhin wieder das Bloggen. Und zum Bloggen habe ich jetzt endlich auch wieder ein Thema.

In den nächsten Tagen werde ich hier schreiben, worum es mir mit dem Film geht und in den nächsten Monaten ein Logbuch führen, wie das alles klappt.
Ich bin jedenfalls sehr gespannt, denn es wird das bisher größte Projekt sein, dass ich jemals in Angriff genommen habe und ich bin überzeugt, dass es toll wird.

Dank Boris Illuminate ist mir meine eigene Unzulänglichkeit wieder klar geworden und eine Geschichte eingefallen, die eigentlich schon ne ganze Ecke her ist, aber trotzdem nett genug um hier erzählt zu werden. (Ausserdem muss ich ja mal wieder was schreiben.)

Es tut mir ja ein bißchen weh, so lange keine Konzertfotos gemacht zu haben, aber im Moment bietet sich keine Gelegenheit dazu. Dazu kommt, dass ich irgendwann den Entschluss gefasst habe, nicht mehr bei Konzerten zu fotografieren, für das ich Geld gezahlt habe und ich die Band sehen will, denn vom Konzert bekommt man als Fotograf nur wenig mit.
Es ist noch länger her, dass ich Konzerte analog fotografiert habe und vielleicht liegt es daran, dass sich mit einem gewissen zeitlichen Abstand alles verklärt, aber ich glaube, dass ich analog besser Konzerte fotografiert habe als später digital. Man fotografiert eben wesentlich fokussierter und konzentrierter, wenn man keine Serienbildaufnahmen machen kann und auch nicht mehr als 72 Bilder zur Verfügung hat. Ausserdem war meine kleine Minolta wesentlich geeigneter bei schlechten Lichtverhältnissen manuell scharf zu stellen.
Fotografiert habe ich auch nur kleine Konzerte (das größte war Underworld im Kölner Palladium und gleichzeitig die schlechteste Konzertfotografieerfahrung ALLER ZEITEN), bei denen sich die Beteiligten fast darüber gefreut haben, dass jemand mit Kamera aufkreuzt. (Das ist heute natürlich auch anders.)

Vor fast 7 Jahren (musste ich googeln) habe ich José Gonzalez im Stereo Wonderland in Köln fotografiert. Und das Stereo Wonderland ist wirklich klein und die Bühne auch. Und wenn jemand im Stereo Wonderland auf der Bühne auf einem Stuhl sitzt, dann muss man sich entweder in die erste Reihe stellen, auf die Theke setzen, oder sehr groß sein, um zumindest die Stirn des Auftretenden zu sehen.
Weder körperlich noch vom Bekanntheitsgrad war José Gonzalez zu der Zeit besonders groß und trotzdem war das Stereo Wonderland, vor allem durch seine ebenso geringe Größe, ziemlich voll.

Ich stand zuerst in der zweiten Reihe und war so unzufrieden, dass ich den Toilettengang eines Konzertbesuchers in der ersten Reihe dazu nutzte, mich frech auf die kniehohe Bühne zu setzen. Ich war jetzt sehr zufrieden, weil ich sehr nah dran war. Ich fotografierte nach Herzenslust und war an diesem Tag sogar bereit, meine eigene Philosophie ein wenig ruhen zu lassen, Leuten, die ich nicht gefragt habe, so auf den Pelz zu rücken, wie José Gonzalez an dem Abend. Jemandem das Objektiv so ins Gesicht drücken, der so schüchtern war wie er das würde ich im Nachhinein so auch nicht mehr machen.

Das Video um ein bißchen zu verdeutlichen, wie José Gonzalez seine Konzerte gibt.

Fotografisch gesehen war ich allerdings voll im Moment, klatschte aber artig nach den Songs und rückte in der Enge des Raumes zur Seite, weil es nicht anders ging, als José Gonzalez die Bühne verlassen wollte nach Beendigung des normalen Sets. Bis er wieder die Bühne betrat und den ersten Song der Zugabe anfing, blieb ich in einer unbequemen Sitzposition und wollte etwa 30 Sekunden danach wieder zurück rücken.
Ich hatte nicht bemerkt, dass ich mit dem Umnähsaum der Gesäßtasche meiner Jeans am von der Bühne führenden Mikrophonkabel hängen blieb und da ich in dem Moment mit dem Rücken zum Geschehen saß, sah ich nicht, dass ich dem auf der Gitarre spielenden, sitzenden José Gonzalez langsam das Mikrophon weg zog, der daraufhin, zum Glück ein wenig lachend, aufhörte zu spielen. Die Scham und die Blamage lagen ganz auf meiner Seite, aber immerhin erheiternd.

Nach dem Konzert konnte ich mich bei José Gonzalez entschuldigen. Er fragte mich, ob ich denke, dass die Fotos was geworden sind und dass es dann nicht so schlimm sei. Ein sehr netter Mensch.

Am nächsten Tag stand ich dann vollkommen übermüdet im Labor der Fachhochschule Köln, spulte die zwei Filme auf (einen 400er und einen 1600er), mischte Chemie an, entwickelte beide Filme und stellte irgendwann fest, dass ich den 1600er mit der Zeit des 400ers und den 400er mit der Zeit des 1600ers entwickelt hatte.

Und plötzlich war ich wach.

Es gibt zwei Bilder, die irgendwie noch zu retten waren. Um den Rest trauere ich bis heute.

Sehe heute abend 13&god im Kölner Gebäude9 und freue mich wie verrückt. Zur Hälfte setzt sich 13&god aus Mitgliedern von The Notwist zusammen, die nicht nur wahrscheinlich die einflussreichste deutsche Band der letzten 20 Jahre ist (wenn jemand anderer Meinung ist, dann ist mir das egal), sondern auch noch eine meiner absoluten Lieblingsbands.

1999 hab ich sie glaube ich das erste Mal live gesehen. Das ist jetzt 13 Jahre her und ich war damals 17 Jahre alt. Es ist schon irgendwie sehr faszinierend, dass obwohl ich mich sicherlich verändert habe in dieser Zeit, sich die Musik von The Notwist, vor allem das Album „shrink“, anscheinend mit mir entwickelt hat und auch irgendwie noch gewachsen ist.

Vor zwei Jahren gaben sie erst ein fantastisch intensives, lautes Konzert im E-Werk in Köln, um sich dann ein paar Wochen später nur in der Philharmonie zusammen mit dem Andromeda Mega Express Orchestra selbst zu toppen, mit einem Auftritt, der für mich und mein langes Konzert-verwöhntes Leben absolut einzigartig war.

Das Video habe ich eben per Google gefunden. Es sieht nicht danach aus, dass es offiziell wäre, aber dann ist es um so schöner zu sehen, dass sich auch andere Künstler in diesem Maße inspirieren lassen. Ich finde es super!

Without A Universal Law There Is No Gravity
Without No Gravity There Is No Atmosphere
Without An Atmosphere There Is No Chance In Life
I Don’t Exist

Ach ja: Bin mir immer noch unglaublich sicher um 2005 rum bei der wenig besuchten, aber um so großartigeren Metroclub-Party in Köln zu Chemicals neben Markus Acher getanzt zu haben…

Ach ja II: Notwist haben eine tolle verspielte Webseite, nur leider fast ohne Informationsgehalt, was ein wenig blöd ist, weil sich ihr Newsletter bei mir nie richtig öffnen lässt. 13&god haben nur eine Myspaceseite.

Ach ja III: Ein Video, das tatsächlich offiziell ist.

13 & God – Its Own Sun from anticon. on Vimeo.

Getagged mit