Ich bin ja „sogar“ ausgebildeter Fotograf, was bedeutet, dass ich eine drei-jährige Berufsausbildung im Fotografenhandwerk geleistet und eine abschließende Gesellenprüfung abgelegt habe. Ich habe in dieser Zeit sehr viel gelernt, sowohl in rein technischer Hinsicht, als auch in formal fotografischer, aber auch vor allem im „fotografischen Denken“ und dem Ausdruck dessen. Ich kann Fotografie beurteilen, sowohl in subjektiver, als auch in „objektiver“ Hinsicht, was sich nicht selten stark unterscheidet.
Das gilt in gewissem Rahmen auch für meine eigene Fotografie, was in keinster Weise einfach ist, denn in der Bewertung der eigenen Fotografie spielen so viel mehr persönliche Faktoren eine Rolle, die für einen Betrachter irrelevant sind. Vor allem Erwartungen an ein Foto, die man machmal schon vor der Entstehung hat, hindern glaube ich jeden irgendwann daran ein Bild so wahr zu nehmen, wie es wirklich ist.
An wirkliche Objektivität glaube ich in der freien Fotografie aber sowieso nicht. Jedes Bild ist immer in einer Subjektivität entstanden, die existentiell für die Fotografie ist, da der Fotograf Entscheidungen trifft, nicht zuletzt die des Zeitpunktes. Auch der Eindruck des Betrachters bildet sich in der Summe seiner Emotionalität, seinen gelebten Erfahrungen, seines Wissens und seines Geschmacks.
Beurteilen lernen kann man in der Hinsicht eigentlich nur über den ehrlichen Ausstausch mit jemandem und wenn dieser jemand man selbst ist, deswegen diskutiere und schreibe ich wirklich gerne über Fotografie.
In meiner Ausbildung fand dieser Ausstausch vor allem im Team unseres kleinen Fotostudios statt. Dieses Fotostudio ist Teil der Kisd, der Köln international School of Design, die wiederrum Teil der Fachhochschule Köln ist, was mich, nebenbei bemerkt, zu einem Angestellten des öffentlich Dienst machte. Helmut Kreuzner, der Dozent über Fotografie an der Kisd und unser Ausbilder hat es sich zum Ziel gesetzt weit über das hinaus zu gehen, was eine Ausbildung zum Fotografen heute bedeutet, wobei der Schwerpunkt ganz klar auf gewerblicher Fotografie liegt.
Das Leben in diesem Biotop war recht anspruchsvoll, auch weil die Erwartungen, die in einen gesetzt wurden manchmal so hoch waren, dass man am Rande der Verzweiflung war und man auch gezwungen wurde alles, was bisher war in Zweifel zu ziehen, oft auch auf zu brechen und auch auf zu geben.
Wie ich hier schonmal schrieb begann ich zu fotografieren weil mich visueller Ausdruck faszinierte, in erster Linie im Film. Bis zu meiner Ausbildung fotografierte ich hauptsächlich schwarz weiß und relativ konzeptlos, aber um so freier in meiner Umwelt. Digital zu fotografieren und auch in Farbe begann ich tatsächlich erst mit Beginn meiner Ausbildung.
Vieles, was ich an der Fotografie mochte und was meine Fotografie aus machte, stand im scheinbaren Gegensatz zu dem, was ich jetzt lernte. Ein Spannungsfeld, was nicht immer produktiv und gut war.
Als ich vor dem Abschluss der Ausbildung stand, hatte sich Fotografie für mich sehr geändert. Ich stand zu dem Zeitpunkt vor der Frage, ob es weiter so einen großen Teil meines Lebens einnehmen sollte, oder ob ich mich nicht in eine andere Richtung bewegen sollte, denn von dem was Fotografie für mich war, nämlich individueller Ausdruck, war nur noch wenig übrig und stand auch noch in einem ständigen Konflikt mit der Erwartung und der Vorstellung von Fotografie, wie ich sie in den letzten Jahren gelernt hatte.
So stand ich also mitten in der Prüfung, bei der ich trotzdem den Ehrgeiz hatte, sie möglichst gut abzuschliessen. Da ich mich recht viel mit Architekturfotografie beschäftigt hatte, war das eine Art Fokuspunkt in der Ausbildung und sollte so auch der Inhalt des freien Teils der praktischen Prüfung werden. Als Aufgabe wählte ich die fotografische Dokumentation einer Abflugwartehalle im Flughafen Köln/Bonn, was sowieso nicht unbedingt die beste Wahl war, denn so halste ich mir einen nicht unerhebliche bürokratischen Aufwand auf, der mir in einer an sich schon stressigen Phase viel Zeit stahl und auch Geld, da ich in eine Sicherheitszone des Flughafens musste, die ich nur mit Sicherheitspersonal betreten dürfte, das ich aus eigener Tasche bezahlen musste.
Mein Ziel war es zum einen die Prüfungskommission zu beeindrucken und zum anderen eine Arbeit zu haben, die meine Fähigkeiten und meine eigenen Erwartungen an Fotografie zum Ausdruck kommen lässt. Nur war dieses Bild zu der Zeit sehr wiedersprüchlich und kompliziert.
Der technische Aufwand, den ich betrieb war so gewaltig, wie teilweise nutzlos. Ich brauchte für ein Gesamtbild 3 Einzelbilder durch Parrallelverschiebung, die zusammengestitcht wurden und nutzte HDR-Software um jeweils bis zu 5 Blendenreihen zu verarbeiten.
Bearbeitet habe ich das ganze mit dem Vorsatz, dass wenn ich mir schon einmal diese Arbeit machen will, dann doch auch bei voller Auflösung. so dass sie auch schon fertig sind, wenn ich sie für etwas anderes brauchte, was dazu führte, dass ich für 5 Bilder etwa 3 volle Tage vor dem Computer saß und Prozessbalken anstarrte.
Ich war zwar schon irgendwie stolz auf das Ergebnis, aber zufrieden bin ich bis heute nicht mit dieser Arbeit. Nicht weil ich denke, dass man da noch viel mehr hätte rausholen können, was vielleicht auch so ist. Sondern, weil diese Bilder nicht für das stehen, was Fotografie für mich ist.
Bis heute bin ich sowieso kein Fan von HDR-Technik und noch viel weniger von dem extremen Effekt, wofür sie teilweise mißbraucht wurde. (Die Zeiten scheinen mitlerweile zum Glück vorbei.)
Ich mag diese Künstlichkeit nicht und denke auch, dass Fotografie von Licht lebt und so wie es Schatten ohne Licht nicht sein kann, gibt es auch kein Licht ohne Schatten.
Fotografie braucht Tiefe.
Zu der Zeit war ich wie fremdgesteuert mit dem Willen so viele Möglichkeiten aus zu schöpfen, wo weniger mehr gewesen wäre.
Was die Prüfungskommission angeht, hat mein Plan funktioniert und ich habe für den freien Teil meiner Abschlussprüfung auch eine Benotung bekommen, die ich erhofft habe.
Vor ein paar Wochen habe ich, inspiriert von Gregory Crewdson und seinem letzten Projekt Sanctuary, noch mal neu angefangen die Rohdaten, diesmal in reduziertem schwarzweiß, zu bearbeiten. Ich glaube ich mag die Stimmung der Bilder viel mehr als in Farbe und bin schon wesentlich zufriedener als mit der ursprünglichen Bearbeitung, aber irgendwie hängt an dem ganzen Projekt so viel innerer Konflikt und so viel Spannung, dass ich nicht in der Lage bin, abschliessend zu beurteilen, ob mir die neu bearbeiteten Bilder wirklich gefallen und ich bin fast geneigt dieses Projekt ganz auf zu geben.
Falls also jemand eine Meinung hat, ich bin ganz aufrichtig interessiert daran! Schreibt sie mir bitte in die Kommentare!
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